Jeder weiß aus Erfahrung, welche Wirkung ein Bild entfalten kann. Als Kunden bleiben wir fast alle an atemberaubenden Fotos hängen, die unsere Aufmerksamkeit erregen und uns davon überzeugen, auch Produkte oder Dienstleistungen kennenzulernen, in die wir zuvor keine Minute investiert hätten. Diese vielversprechende Wirkung versuchen wir zu nutzen, wenn wir Customer Journeys Maps (“Kundenreisekarten”) in Design-Sprints ausarbeiten. Ich möchte Euch gerne unsere Map-Galerie-Favoriten vorstellen sowie Schlüsselerfahrungen, die viele Teams aus dem Sprint mitnehmen.

 

Eine Customer Journey Map veranschaulicht im Wesentlichen den "Weg", den ein Kunde geht – vom Kennenlernen eines Unternehmens und seiner Dienstleistungen bis zum Erreichen eines bestimmten Ziels, das in den meisten Fällen darin besteht, ein Produkt zu kaufen oder sich über eine zufriedenstellende Dienstleistung zu freuen. "Start"- sowie "End"-Punkt der Kundenreise werden vom Sprint-Team definiert und helfen ihm später, sich auf bestimmte Bereiche zu konzentrieren. Doch was ganz einfach klingt – eine Linie ziehen und ein paar Schritte dazwischen – erweist sich für Teams in einem Design-Sprint oft als knifflig.

 

Bei Design-Sprints bekommen wir oft die Frage gestellt, ob wir nicht einfach die Customer Journey grob skizzieren und schnellstmöglich zu Ideen- und Lösungsskizzen übergehen können. In 99% aller Sprints sagen wir: Nein. Lasst uns Zeit und Mühe darauf verwenden, eine möglichst genaue Customer Journey Map zu erstellen. Natürlich lassen auch wir es gut sein, wenn die Komplexität der Map uns mehr behindert als hilft, aber unser Rat bleibt derselbe: Bloß nicht versuchen, zu viel zu vereinfachen. Warum? Meistens hat niemand im Team ein vollständiges Bild davon, wie die Customer Journey in der Realität aussieht. Bei vielen Sprints gibt es eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Weg des Kunden und dem idealen Weg, den jedes Sprint-Teammitglied vor Augen hat. Um dies deutlich zu machen, ist die Customer Journey Map der beste Weg, um die verschiedenen Ansichten der Sprint-Teammitglieder einzubinden und Pain Points („Schmerzpunkte“) innerhalb der Customer Journey hervorzuheben – also Berührungspunkte, die den Kunden ärgern, aber nie offensichtlich werden würden, wenn wir nicht auf der Visualisierung der Teamansichten bestehen würden. Je mehr Kontaktpunkte auf der Karte angezeigt werden (d.h. jede Person oder Abteilung, mit der ein Kunde während seiner Reise in Kontakt tritt und interagiert), desto besser sehen wir, wo Kunden auf dem geplanten goldenen Weg des Teams Umwege machen oder wo sie Abkürzungen nehmen, die die geplant aufregendsten Momente auslassen.

 

Nur ein funktionsübergreifendes Team wird alle Berührungspunkte, Umwege und Abkürzungen der Kunden identifizieren können.

Bild von trendig

 

Nicht selten, nachdem alle Ideen aller Design-Sprint-Teammitglieder an der Wand skizziert sind und wir auch einige Ask-the-Expert-Sessions im Rahmen des Design-Sprints durchgeführt haben, erhalten wir eines der folgenden fünf „Customer Journey Map“-Bilder:

 

1. The Pinball-Maschine („Flipper-Automat“)

Die Kundenreisekarte sieht aus wie das Design eines Flipper-Automaten, bei der der Kunde den Weg nimmt, den die kleine Kugel normalerweise geschleudert wird (zwischen den verschiedenen Maschinenteilen hin- und hergestoßen) und bei der viel Lärm eine komplexe, zum Teil unvorhersehbare Fahrt begleitet.

2. Soccer Tactics Chart („Fußball-Strategie-Zeichnung“)

Es gibt den klaren Versuch, den Kunden dazu zu bringen, sich zum Ziel zu bewegen (man kann zumindest sehen, dass es eine beabsichtigte Bewegung in eine bestimmte Richtung gibt), aber in der Mitte des Spielfeldes ist die Karte nicht weit von der Flipper-Automaten-Zeichnung aus Nr. 1 entfernt.

3. The Railway Circle Line („Zug-Ringbahn”)

Der Kunde führt eine bestimmte Kreisbewegung mit einer unklaren Vorstellung davon aus, wo er am Ende zufrieden angekommen sein soll.

4. The Millipede Bug („Tausendfüßler“)

In dieser Karte ist der goldene Weg des Kunden eine gerade Linie, leicht zu identifizieren, hat aber so viele mögliche Ausgänge, dass es wahrscheinlicher ist, dass er oder sie auf der Customer Journey abbricht, als dass er oder sie das Ziel des Unternehmens erreicht.

5. The Broom („Besen“)

Die Teams finden hundert Wege, wie Kunden auf die Dienstleistungen des Unternehmens stoßen können, und dann gibt es einen klaren Weg und eine feste Strategie, um den Kunden so schnell wie möglich zum Ziel zu bringen und zufrieden zu stellen.

 

Die Visualisierung der einzelnen Schritte hilft dem Team, die Kundenreisekarte in Form zu bringen und vereinfacht ihre Verständlichkeit.

Bild von trendig

 

Bitte nicht falsch verstehen: Es gibt keine Möglichkeit, aus der Customer Journey Map abzuleiten, wie erfolgreich der Design-Sprint insgesamt sein wird. Teams haben mit uns die einfachsten Lösungen mit den chaotischsten oder komplexesten Customer Journey Maps gefunden und einige der Besen-Kandidaten haben sich in der Einfachheit ihrer Customer Journey Map verirrt, weil sie nicht den richtigen Fokus gefunden haben, auf den sie sich konzentrieren wollten. Aber viele Sprint-Teams teilen einige häufige Erkenntnisse anhand ihrer Customer Journey Map:

  1. Wir haben keine homogene Gruppe von Kunden, die ihren Weg selbst finden. Es gibt andere Stakeholder, die sich einmischen und Informationen mit ihnen und unserem Unternehmen austauschen. Zum Beispiel arbeitet der eigentliche Kunde in einem großen Unternehmen und es gibt keine Möglichkeit, eine Dienstleistung selbst zu buchen oder gleich ein Produkt zu kaufen. Zuerst muss er oder sie jemanden auf Managementebene überzeugen, den gewünschten Kauf zu genehmigen. Zweitens wird der eigentliche Einkauf oder die Buchung von einer ganz anderen Abteilung (z.B. Beschaffung) durchgeführt. Wenn die anderen Stakeholder klar identifiziert sind, können wir den Weg der Kunden besser ebnen und auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen.
  2. Wir müssen unseren Kundenservice und unsere begleitenden Dokumente überarbeiten. Einige Kunden verwirren wir, indem wir irreführende oder sogar widersprüchliche Informationen präsentieren. Die Dokumente selbst müssen zudem an verschiedene Kundentypen angepasst werden. Beim nächsten Mal muss mehr Arbeit für die Bewertung des Was-ist-der-aktuelle-Stand-der-Kommunikation eingesetzt werden.
  3. Es gibt viel mehr Ansprechpartner für unsere Kunden, als wir uns anfangs vorgestellt haben. Wir sollten aber nicht von unseren Kunden verlangen, die Verantwortlichen in unserem Unternehmen zu finden. Wir müssen bessere Beratung und persönlichen Service bieten.

 

Die Customer Journey Map hilft uns, die Analogie zur Rezeption eines Hotels zu finden. Wenn der Wasserhahn nicht funktioniert, ruft man dort die Rezeption an und nicht den Klempner. Wenn der Teppich verschmutzt ist, ebenfalls die Rezeption und nicht die vom Hotel beauftragte Reinigungsfirma. Und als Kunde hat man ein noch besseres Gefühl, wenn die Rezeption abends noch einmal anruft und sich erkundigt, ob alle Probleme jetzt behoben sind oder zusätzlicher Service nötig ist. Wir sehen, dass wir unseren Kunden enorm helfen, wenn wir unsere Arbeitsabläufe rationalisieren und Kunden einen festen Ansprechpartner benennen, der sicherstellt, dass alle ihre Probleme gehört und gelöst werden.

Die Customer Journey endet nie! Wenn es uns gelingt, die Kunden zu interessieren, zufriedenzustellen und gut zu betreuen, werden sie wahrscheinlich wieder erneut mit uns zusammenarbeiten und uns treu bleiben. Sie kaufen wieder bei uns ein, sie kommen zu einer unserer Veranstaltungen, sie werden als Influencer wahrgenommen und ziehen die Aufmerksamkeit anderer auf sich. Außerdem inspirieren sie uns, neue Dinge für sie zu entwickeln. Wir sollten erhebliche Anstrengungen unternehmen, um unsere Kunden nicht nur bis zum vorläufigen Ende der Customer Journey zufrieden zu stellen.


Lasst mich gern wissen, wie lange es gedauert hat, bis Ihr Eure „wahre“ Customer Journey Map ausgestaltet hattet und was Ihr gelernt habt! 

Keep on sprinting! und zögert nicht, mir Eure Fragen zu stellen. Wir freuen uns darauf, von und mit Euch zu lernen!