Hallo Arjan, Du bist Master-Trainer für einen Kurs, der „Agile Testing for the Whole Team“ heißt. Worum geht es in dem Kurs?
Es geht darum, wie wir als Team das Thema “Software-Qualität” im agilen Kontext gezielt und strukturiert angehen können.
Ich habe das Training „Agile Testing for the Whole Team“ (ATF) nun schon viele Male durchgeführt. Das Interessante dabei ist, dass meine Teilnehmer das Gleiche sagen, was auch ich gesagt habe, als ich den Kurs kennen gelernt habe: man sieht sofort an dem Training, dass jemand mit Hands-On-Erfahrung diesen Kurs konzipiert hat, jemand, der aus der Praxis kommt, der vielfältige Erfahrungen aus dem Projektalltag und den Beratungsstress mit einbringt.
Alles, was gelernt wird, wird unmittelbar angewandt und versucht umzusetzen. Das Training ist mit sehr vielen Beispielen aus der Praxis, mit sehr vielen Geschichten und Bildern untermalt, die das Ganze auch mal auflockern. Es gibt mehrere kleine Aufgaben, bei denen werden 3-er, 4-er, 5-er oder 6-er Teams gebildet.
Das andere, was diesen Kurs so spezifisch macht, ist eine Aufgabe, die über die gesamte Kursdauer geht und wächst und wächst.
Kannst Du es kurz mit einem klassischen Kurs von ISTQB vergleichen?
Die kurze Antwort: Man kann die beiden Trainings nicht wirklich vergleichen. Eine etwas längere Antwort: ISTQB ist ein ziemlich trockenes Theorie-lastiges Training, bei dem der Fokus auf den Methoden und Verfahren wie wir testen liegt - White-Box, Black-Box und Erfahrungsbasiert. Sehr wichtig für den Einstieg in das Thema Software Qualität, aber nur das reicht nicht aus. Das “Agile Testing for the Whole Team”-Training rückt Qualität als festen Bestandteil der Software Entwicklung in den Mittelpunkt. Wie kommen wir auf das bestmögliches Ergebnis für das Team und für den Kunden mit dem, was wir haben.
Wenn wir über Qualität reden, müssen wir auch über Testing reden, denn das ist der Weg zur Qualität. In der agilen Projektentwicklung ist Testing eine wichtige Aktivität, mit der wir überprüfen, dass wir das, was wir uns vorgenommen auch erreicht haben.
Quelle: Janet Gregory und Lisa Crispin aus ihrer ATF-Schulung
Warum heißt der Kurs „…for the Whole Team“? Wer ist damit gemeint, also nicht nur die Tester im Team nehme ich an?
Das Training ist wirklich für das ganze Team gedacht. Alle Leute, die am Erfolg des Projekts teilhaben. Nicht nur Tester und Entwickler, sondern auch Sales, Support, Operations, vielleicht ein Softwarearchitekt, also alle, die einen Einfluß auf das Projekt haben. Ich nutze hier ein OP-Team als Beispiel: Chirurgen, Schwestern, Anästhesiologen - alle müssen zusammenarbeiten. Es reicht nicht, dass nur eine/r von denen die Arbeit gut macht, das ganze Team muss im Interesse des Patienten agieren.
Wir wissen aus der Vergangenheit der Softwareentwicklung, dass es weniger Probleme oder Herausforderungen gibt, wenn Entwickler mit Entwicklern oder Tester mit Testern zusammenarbeiten. Probleme entstehen typischerweise da, wo ein Team Arbeitsergebnisse an das andere Team übergibt, z.B. Entwickler an Tester oder Tester an Operations. Wir müssen eng zusammenarbeiten und das geht manchmal schief. Zusammenarbeit bedeutet mehr als nur in einem Raum zusammensitzen oder an demselben Projekt zu arbeiten.
Das ist ein wichtiger Teil der Agilität: Nicht sich an den ursprünglichen Fachteams zurück orientieren und weiter meins und deins praktizieren. Sondern verstehen: Das sind wir alle, die in diesem Boot sitzen. Wie kommen wir am schnellsten voran? Es geht um Teams, Teamentscheidungen und Teamzusammenarbeit. Das ganze Team ist für die Softwarequalität verantwortlich.
Wir alle wollen sinnvolle Software erstellen, wir wollen schnell liefern, wir wollen Mehrwert bringen, wir wollen unsere Kunden zufriedenstellen. Das können wird nur dann machen, wenn wir ein gemeinsames Verständnis über die Einzelteile wie auch über das Gesamtergebnis, das Ziel haben.
Quelle: Janet Gregory und Lisa Crispin aus ihrer ATF-Schulung
Ist es von Vorteil, wenn das ganze Team den Kurs absolviert, reicht es nicht, wenn nur einer das Training besucht?
Kosten einsparen ist ein sehr wichtiger Faktor. Ich frage dann immer: Wie viel kostet Erfolg, wie viel ist es Dir/Euch wert, dass dieses Team erfolgreich ist? Was bedeutet Team- Verantwortung für Euch und wie wichtig ist die Software-Qualität in diesem Projekt/Unternehmen? Wie funktionieren die Kommunikation und der Wissenstransfer im Team/Unternehmen? Sind das einzelne Experten oder Teams mit gleichwertigen Mitgliedern und überlegtem Knowledge Sharing? Das beantwortet dann auch die Frage, ob das ganze Team teilnehmen soll oder nur ein oder zwei Personen aus der Gruppe.
Nach dem Training für das komplette Team bejahten die Teilnehmer fast immer, dass sie jetzt Testen und Software-Qualität mit anderen Augen sehen und auch das Wie der Teamzusammenarbeit viel besser verstehen.
Ich habe auch Trainings gegeben, in denen nur ein Teil eines Teams oder nur einer aus dem Team anwesend war. Alle haben dann gesagt, ja schade, dass das ganze Team nicht dabei war. Nicht selten wird danach ein Training für das ganze Team gebucht. Ein schönes Kompliment für mich als Trainerin und natürlich den Kurs als solches!
Natürlich liegt der Fokus beim Testing und der Qualität. Aber darüber hinaus müssen wir unangenehme, ja vielleicht sogar schmerzhafte Themen ansprechen, warum es bis jetzt nicht geklappt hat. Wenn das strukturiert, moderiert und zielgerichtet ausgetragen wird, dann können wir es auch als eine Team-Building-Aktivität sehen.
Am Ende des Kurses gibt es ein Online-Assessment. Ich habe gehört, da fällt niemand durch? Wie funktioniert das?
Bei dem Assessment am Ende des Kurses merkt man ebenfalls, dass jemand mit großer Praxiserfahrung hinter dieser Prüfung steht. Denn man kann nicht durchfallen.
Die Prüfung wird als Zusammenfassung genutzt: Was habe ich denn gelernt, habe ich die wichtigen Eckdaten des Kurses mitgenommen. Mein Training sieht zum Beispiel anders aus als das meiner Kollegen… von der Atmosphäre, von den Informationen, von den Geschichten her, die ich erzähle. Aber wichtig ist, dass die Kerninformation ankommt bei jedem, bei jedem Teilnehmer, bei jedem Training. Das wird hier überprüft. Janet und Lisa haben kein Interesse daran, hier jemanden scheitern zu lassen. Nach der Prüfung erfährt der Teilnehmer, die Teilnehmerin, was sind die richtigen, was sind die falschen Antworten gewesen. Man kann von den falschen Antworten lernen und das Verbesserungspotenzial erkennen.
Quelle: Janet Gregory und Lisa Crispin aus ihrer ATF-Schulung
Was ist das Agile Testing Fellowship, zu dem ich aufgenommen werde, wenn ich den Kurs absolviert habe? Was bringt mir das?
Nach dem Assessment bekommt jeder Teilnehmer eine Einladung zur Mitgliedschaft im Agile Testing Fellowship. Das ist ein Slack-Channel, also Slack als Plattform bei der es mehrere Räume gibt, bei denen man direkt mit Lisa oder Janet sprechen kann, man kann mit mir sprechen, man kann Fragen in die „offenen Räume“ stellen und schauen, wer in der Gemeinschaft kann mir hier helfen bei meinem Problem. Zum Beispiel habe ich diese oder jene Situation und kann fragen, habt Ihr etwas Ähnliches erlebt, könnt Ihr mir etwas dazu sagen oder vorschlagen etc. Auf diesem Slack-Channel sind alle Trainer des Kurses weltweit versammelt und auch alle Teilnehmer, die mitmachen wollen. Oft gibt es ähnliche Probleme, die Teilnehmer/Trainer arbeiten ähnlich, sie können etwas empfehlen, einen Link, ein Buch oder wie sie die Situation gelöst haben. Es ist eine Community, an die man seine Fragen adressieren und auch Antworten bekommt.